Destillieren à la Da Vinci

„Destillare“ kommt aus dem Latein und bedeutet so viel wie „herabträufeln“, und beschreibt somit den Herstellungsprozess, der Destillation, zur Gewinnung von Pflanzeninhaltsstoffen (vorwiegend ätherische Öle).

Einige Verfahren gibt es dafür und die gängigste ist die Wasserdampfdestillation. Die gängigste Form der Destillierapparatur sowohl im industriellen als auch im privaten Bereich ist die Leonardo-Destille. Ätherische Öle und Hydrolate, die daraus gewonnen werden, finden heute eine vielfältige Anwendung beginnend vom Einsatz in der Aromatherapie über die Medizin bis hin zur Parfumindustrie.

Historische Entwicklung des flüssigen Goldes

Das Wort Parfum“ leitet sich aus dem lateinischen per fumum“ = „durch Rauch“ ab. Durch die Verräucherung von Kräutern und Harzen werden vor allem auch die ätherischen Öle freigesetzt, was bereits in der Steinzeit genutzt wurde“ vorwiegend um den Göttern zu huldigen und ihnen den Wohlgeruch des Rauches zu senden.

Das ägyptische Papyri war in der Kosmetik im alten Ägypten ein gängiges Duftmittel. Tierfette mit Kräutern versehen und Myrrhenharz wurden in Form eines Kegels auf dem Kopf getragen oder direkt zum Einreiben genutzt.

Im alten Rom nutzte man Parfums versehen mit ätherischen Ölen für ihre luxuriöse Lebensweise für ihre Badfreuden“.

Vermutlich wurde in der Antike im europäischen Raum erstmalig mittels Destillierhelm („Alembicus“) destilliert. Die Araber verbesserten die Methode und entwickelten daraus die heute bekannte Wasserdampfdestillation.

Leonardo Da Vinci griff im 15. Jhd. die Konstruktion auf und entwarf die sogenannte Leonardo-Destille, die auch heute noch eine der effizientesten Methoden für die Gewinnung von ätherischen Ölen darstellt.

Im Mittelalter wurde die Destillationstradition weitergeführt und das Wissen über ihre Heilwirkung, der man vorher kaum Beachtung schenkte, intensiviert. Das erste Buch über Destillation verfasste der Arzt Dr. Brunschwig im 16. Jahrhundert.

Auch der englische Arzt Nicholas Culpeper schrieb im 17. Jahrhundert über die Heilwirkung ätherischer Öle.

Später geriet die Heilwirkung von ätherischen Ölen ins Hintertreffen und sie wurden vorwiegend in der Kosmetik- und Parfumindustrie verwendet.

Erst wieder Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte man die Heilkraft von ätherischen Ölen wieder, als Medikamente und Desinfektionsmittel im 1. Weltkrieg knapp wurden. Der französische Chemiker und Parfümeur René-Maurice Gattefossé, erkannte die desinfizierende Wirkung des Lavendelöls und galt als Begründer der Aromatherapie mit seinem Werk „Aromathérapie: Les huiles essentielles hormones végétales“ im Jahr 1937. In Italien wurde zur gleichen Zeit die Wirkung auf die Psyche erforscht.

Zwischen dem 2. Weltkrieg und den 70ern wurde die Aromatherapie der Hippie-Bewegung zugeordnet, hat diesen Ruf aber großteils wieder ablegen können.

Heute befasst sich die Wissenschaft wieder vermehrt mit den Pflanzeninhaltsstoffen und deren Eigenschaften und Wirkung.

Vorgang der Wasserdampfdestillation

Ausgangsmaterial | frisches oder getrocknetes Kraut (Wichtig ist, dass sauber gearbeitet wird.)

Befüllung der Destille | Je nach Menge des Krautes wird die notwendige Wassermenge in den ersten Topf eingefüllt. Das Kraut wird abgewogen und gut zerkleinert. Mit einem Mörser kann abschließend das Kraut zerrieben werden, damit eine größtmögliche Fläche der Pflanzenfasern für den Wasserdampf verfügbar ist. Zu klein sollten die Teile jedoch nicht sein (z.B. pulverisiert), da es sonst zur Klumpenbildung kommt, die der Wasserdampf dann nicht mehr durchdringen kann.

Ein Sieb / Gitter wird so eingelegt, sodass das Kraut NICHT mit dem Wasser in Berührung kommt. Das Kraut wird auf dem Sieb verteilt.

Topf mit Wasser, darüber Kessel mit Kräuter, wo noch die Kühlkuppel aufsteckt wird

Aufsetzen der Kühlglocke und mit kühlem Wasser füllen. Der Behälter hat einen Ablauf sodass es nicht überlaufen bzw. das warmwerdende Wasser ablaufen kann. Dies am besten mit einem Schlauch in einem Behälter sammeln.

Ein weiterer Anschluss sorgt für eine kühlende Wasserzufuhr – entweder Aquariumpumpe als Kühlkreislauf oder durch eine laufende Zugabe von Eiswürfel (z.B. zubereitet in Joghurtbecher).

Die Gewinnung | Die Destille auf die Herdplatte bei hoher Hitze stellen, sodass das Wasser gut kocht und Geduld zeigen.

Eine Flasche mit zulaufendem Hals wird als Auffangbehälter für das Destillat unter dem Auslass der Kühlglocke gestellt.

Bei der Wasserdampfdestillation bricht der Dampf des kochenden Wassers die Öldrüsen der zerkleinerten Pflanzenteile auf und reißt jene Inhaltsstoffe mit sich,
die einen niedrigen Siedepunkt haben und leichter als Wasser bzw. wasserlöslich sind.

Der Wasserdampf mit den gelösten Inhaltsstoffen steigt auf und sammelt sich auf der Kühlglocke, welcher kondensiert und aus einem Hahn in ein dafür vorgesehenes Gefäß (z.B. Flasche mit schmalem Hals) träufelt.
Wichtig ist, dass das Kühlwasser durchgängig gekühlt ist.

Nach ca. 20 Minuten beginnt dieser Prozess und nach ca. weiteren 20 Minuten ist meist der Höhepunkt der Destillation erreicht.

Schwallartig kommt die milchige Flüssigkeit aus dem Hahn in die Flasche und es setzt sich bereits das ätherische Öl an der Oberfläche ab.
Sobald kein Rauschen (kochendes Wasser) zu hören ist, ist der Destilliervorgang beendet und die Herdplatte kann abgedreht werden.

Meist sammeln sich noch Reste des Destillats auf der Kühlglocke, die durch leichtes Schwenken auch noch gelöst werden können.

Destillat

Als Ergebnis liegt eine trübe Mischung aus ätherischem Öl und Hydrolat mit Spurenelementen, mineralischen Salzen und Alkaloiden vor, die ca. zwei Wochen dunkel und gekühlt in Flaschen aufrecht lagern sollte, sodass sich die fettlöslichen ätherischen Öle vom wasserlöslichen Hydrolat trennen können.

Abschließend zieht man das ätherische Öl vom Destillat mittels Pipette in passende Fläschchen ab. Das volle Aroma kann sich noch einige Wochen nach der Abfüllung weiter entfalten.

Reinigung der Destille | Nachdem die Destille abgekühlt ist, kann diese geöffnet und mit hei帕em Wasser gereinigt werden. Anschließend ist sie wieder einsatzbereit.

Hauptinhaltsstoffe von Lavendeldestillat

bis zu 2000 Wirkstoffe wurden im Lavendelöl festgestellt.

ätherische Öle (30-40% Linalylacetat, 20-50% Linalool, Campher, α-Ocimen, 1,8-Cineol, Gerbstoffe, Cumarinderivate (Umbelliferon, Herniearin), Sterole, Phenylcarbonsäuren, Flavonoide, Saponine,

im Hydrolat: Linalool (Monoterpenalkohol – 56-69%, Ketone – 18%).

Wirkung | ätherisches Öl: antibakteriell, pilzhemmend, krampflösend, entzündungshemmend, wundheilend, fördert die Vernarbung, beruhigt, schmerzlindernd, juckreizstillend, zellbildungsanregend. Hemmt das Wachstum von Bakterien.

Nebenwirkung | bei übermäßiger innerlichen Einnahme kann es zu Reizungen von Magen / Darm kommen. Zu viel des Lavendels kann zu Benommenheit bis hin zu Bewusstseinsstörungen führen.
In der Schwangerschaft sollte daher nicht zu viel davon eingenommen werden.

Quellennachweis

Bildergalerie

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